Firmenwert

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Der Firmenwert (Geschäftswert oder Goodwill) ist jener Wert eines Betriebes, der nicht einzelnen betrieblich eingesetzten Wirtschaftsgüter zugeordnet werden kann, sondern sich als Mehrwert über den Substanzwert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter ergibt (VwGH 29.01.1974, 1945/73), also durch den Betrieb des Unternehmens im Ganzen vermittelt wird.[1]

Im Steuerrecht wird der Begriff Firmenwert, im Unternehmensrecht werden die Begriffe Firmen- und Geschäftswert verwendet. Der steuerliche Begriff Firmenwert entspricht dem unternehmensrechtlichen Geschäftswert. In der internationalen Rechnungslegung (IFRS und US-GAAP) spricht man vom Goodwill.

Firmenwertbildende Faktoren

Firmenwertbildende Faktoren sind z.B.[2]

  • gutes Management,
  • effiziente Herstellungsverfahren bzw. Betriebsorganisation,
  • Facharbeiterstamm,
  • verkehrsgünstige Lage,
  • Stammkundschaft.

Bilanzierung

Der Firmenwert stellt unternehmensrechtlich eine Bilanzierungshilfe dar.[3] Er erfüllt noch nichteinmal das Postulat der selbständigen Bewertbarkeit [4], da er sich nur als Restposten ermitteln lässt. Steuerrechtlich und in IFRS stellt er ein Wirtschaftsgut / Vermögenswert dar.[5]

Der Firmenwert stellt ein unkörperliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens dar. Nur der derivative Firmenwert darf aktiviert werden, nicht jedoch der originäre. Er ist in der Bilanz in der Position immaterielle Vermögensgegenstände (§ 224 Abs. 2 A I. Z 2 UGB[3]) auszuweisen. In der Internationale Rechnungslegung erfolgt der Ausweis als langfristiger Vermögensgegenstand / immaterielles Vermögen. [6]

Firmenwerte sind:

  • abnutzbar in Unternehmens- und Steuerrecht,
  • nicht abnutzbar in IFRS.

Arten

Nach dem Entstehten wird unterschieden:

Einen Spezialfall stellt dar:

Eine besondere Ursache für das Entstehen wird zugeschrieben:

Originärer Firmenwert

Der originäre Firmenwert ist ohne Transaktion vorhanden, dh er wurde nicht durch durch eine Kaufpreisfindung aufgedeckt, sondern nur durch eine Unternehmensbewertung. Er darf nicht aktiviert werden (Bilanzierungsverbot gem. § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG [4] bzw. § 197 Abs. 2 UGB [5]).

Derivativer Firmenwert

Der derivative Firmenwert wird durch eine Transaktion offengelegt. Der positive Firmenwert ist zu aktivieren und abzuschreiben.

Aktivierung:

  • Steuerrecht: positiver Firmenwert aus Asset Deal,
  • Unternehmensrecht: aus Asset Deal jedenfalls positiver Firmenwert, negativer Firmenwert umstritten,
  • IFRS: auch aus Share Deal positiver Firmenwert, ein negaiver ist als Ertrag zu erfassen.

negativer Firmenwert (Badwill)

Der Badwill ist im Rechnungswesen ein negativer Geschäfts- oder Firmenwert.[7] Die Summe der Teilwerte der Wirtschaftsgüter liegt über dem Kaufpreis.

Ursachen:

  • negative Ertragsaussicht oder
  • lucky buy

Lucky buy (oder "bargain purchase" nach IFRS 3.56) werden in der Finanzwelt jene günstigen Unternehmenserwerbe genannt, bei denen der Kaufpreis unterhalb der Erwartungsschwelle des Erwerbers liegt oder sich später herausstellt, dass der gezahlte Kaufpreis niedriger als der Zeitwert ist. Eine negative Ertragsaussicht liegt vor, wenn das zu erwerbende Unternehmen (das „target“) aufgrund externer oder interner Entwicklungen von verschlechterten Gewinnaussichten oder gar Verlusten ausgeht.[8]

Praxiswert

Der Praxiswert ist ein ideeller Wert, den der Name eines im freien Beruf Stehenden verkörpert und der sich aufgrund der ausschließlichen Personenbezogenheit vom Geschäftswert (Firmenwert) eines Unternehmens unterscheidet.[9]

Die Nutzungsdauer des Praxiswertes ist gesetzlich nicht geregelt. Je nach Umständes ist sie mit 3 bis 15 Jahren anzunehmen.[10]

Umgründung

Hauptartikel-> Umgründungsmehrwert

Bei Umgründungen kann im unternehmensrechtlich die Gegenleistung das übertragene Vermögen abzüglich der Schulden übersteigen. Dieser Buchverlust ist auf die einzelnen Vermögensgegenstände aufzuteilen und als Umgründungsmehrwert gesondert auszuweisen. Der Rest stellt darf als Firmenwert angesetzt werden.[11]

Firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter

Vom Firmenwert sind die sogenannten firmenwertähnlichen Wirtschaftsgüter zu unterscheiden. Darunter fallen im betrieblichen Gefüge für den Unternehmenswert bedeutsame immaterielle Wirtschaftsgüter, die aber neben dem Firmenwert selbständig bewertbar sind. Sie sind nach den allgemeinen Bewertungsregeln entweder als abnutzbar oder als nicht abnutzbar zu behandeln.

Darunter fallen zB Zahlungen für

  • den Erwerb von Rezepturen,
  • das Markenrecht,
  • die Apothekenkonzession (nicht abnutzbar),
  • Teile der Rauchfangkehrerkonzession[12]

Bedeutung

Ein Gutteil des Kaufpreises entfällt auf den Firmenwert.

Berechnung

Hauptartikel-> Kaufpreisallokation

Im Steuerrecht wird der Kaufpreis auf die einzelnen (positiven und negativen) Wirtschaftsgüter nach den Teilwerten aufgeteilt, ein verbleibender positiver Firmenwert wird gesondert ausgewiesen. Um einen negativen Firmenwert zu verhindern ist der Teilwert der einzelnen Wirtschaftsgüter abzuschichten.

Im Unternehmensrecht wird der Kaufpreis auf die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden aufgeteilt. Ein negativer Firmenwert (Badwill) ist umstritten.

Behandlung in einzelnen Rechtsgebieten

Der Firmenwert wird in den einzelnen Rechtsgebieten unterschiedlich behandelt.

Steuerrecht

Der Firmenwert stellt ein abnutzbares, unkörperliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens dar. Der Firmenwert land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und Gewerbebetriebe ist gem. § 8 Abs. 3 EStG [6] auf 15 Jahre abzuschreiben. Der Firmenwert ist einer Teilwertabschreibung zugänglich. Bei freien Berufen ist anstelle des Firmenwertes der Praxiswert anzusetzen.

Der Ansatz eines negativen Firmenwertes (Badwill) kommt nicht in Betracht (VwGH 29.1.1974, 1945/73).[13]

Unternehmensrecht

Ein Firmenwert darf nur aus einem entgeltlichen Erwerb in Form eines Asset Deals angesetzt werden, nicht aus einer Einlage.[14] Der Firmenwert gilt nach hM nicht als Vermögensgegenstand, sondern als Bilanzierungshilfe.[15] Der Ansatz eines negativen Firmenwertes ist umstritten, alternative wäre die Abstockung der Werte des übernommenen Vermögens.[16]

Die Abschreibung des Geschäfts(Firmen)werts ist planmäßig auf die Geschäftsjahre, in denen er voraussichtlich genutzt wird, zu verteilen. In Fällen, in denen die Nutzungsdauer des Geschäfts(Firmen)werts nicht verlässlich geschätzt werden kann, ist der Ge-schäfts(Firmen)wert über 10 Jahre gleichmäßig verteilt abzuschreiben.[17]

Internationaler Rechnungslegung

Der Firmenwert stellt nach IFRS einen Vermögensgegenstand dar. Eine Bilanzierung im Einzel- und Konzernabschluss ist einheitlich geregelt. Die Aktivierung ist nur für derivative Firmenwerte zulässig, allerdings auch von Share Deals. Der Firmenwert ist nicht abnutzbar, sondern kann wie andere immaterielle Vermögenswerte mit unbestimmter Nutzungsdauer nur außerplanmäßig abgeschrieben werden (Impairment only-approach).[18]

Die Werthaltigkeit wird durch den Impairmenttest überprüft.

Literatur

Gesetz

  • § 8 Abs. 3 EStG[7];
  • § 7 Abs. 1 dritter Satz (d)EStG[8];
  • § 203 Abs. 5 UGB[9];
  • § 246 Abs. 1 (d)HGB[10];

Erlässe

  • EStR 2000 Rz. 2287 ff;

Fachliteratur

  • Hirschler (2019) § 203 Rz. 131 ff;
  • Beck'scher Bilanzkommentar § 247 Rz. 400 ff;

siehe auch -> Liste der verwendeten Gesetze und Erlässe, Liste der verwendeten Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. EStR (2000) Rz. 2287.
  2. wirtschaftslexikon.gabler.de, Stichwort: Firmenwert, abgefragt 20.1.2021.
  3. Hirschler (2019) § 203 Rz. 133.
  4. Heinold (1987), S 70.
  5. Siehe unten.
  6. Wikipedia, Stichwort:International Accounting Standard 1, abgefragt 20.5.2022.
  7. Wikipedia, Stichwort: Geschäfts- oder Firmenwert, abgefragt 20.5.2022.
  8. Wikipedia, Stichwort: Geschäfts- oder Firmenwert, abgefragt 20.5.2022.
  9. Vgl. wirtschaftslexikon.gabler.de, Stichwort: Praxiswert, abgefragt 20.5.2022.
  10. Vgl. EStR 2000 Rz. 3189.
  11. Vgl. § 202 Abs. 2 Z 3 UGB [1].
  12. Vgl. EStR (2000) Rz. 2292 f.
  13. EStR (2000) Rz. 2288.
  14. Vgl. Hirschler (2019), § 203 Rz. 131.
  15. Hirschler (2019), § 203 Rz. 131.
  16. Vgl. Hirschler (2019), § 203 Rz. 149 ff.
  17. § 203 Abs. 5 UGB[2].
  18. Vgl. Hirschler (2019) § 203 Rz. 232.